Beispiele und Zitate aus der Arbeit

Frau M. leidet an einer fortgeschrittene Krebserkrankung. Bei meinem Besuch ist sie depressiv und weint viel. Sie möchte nicht, dass ich ihr weiter aus der Zeitung vorlese, sondern erzählt aus ihrer Kindheit. Plötzlich wird sie ganz aufgeregt und bittet mich, aus ihrem Schlafzimmer in der untersten Schublade der Kommode ihr Poesiealbum aus ihrer Jugend zu holen. Gemeinsam blättern wir darin – und ein Teil ihrer Vergangenheit erwacht. Frau M. wirkt gelöst und sie erinnert sich an viele Menschen, die sich vor mehr als 60 Jahren mit kleinen Versen in ihr Poesiebuch eingetragen haben. Es fallen ihr viele Begebenheiten ein – heitere und auch traurige. Die erste Liebe, ihr Großvater, ihre beste Schulfreundin, ihr Bruder, der im Krieg gefallen ist, die Strenge des Vaters, die sich in der Art des Schreibens zeigt. Als ich mich nach zwei Stunden von ihr verabschiede, wirkt sie entspannt und freut sich darauf, das Poesiealbum auch mit ihrer Tochter anzuschauen.

Herrn P., der alleine lebt, geht es in den letzten Tagen sehr schlecht. Die letzte Chemotherapie wurde abgebrochen, da der Allgemeinzustand sich drastisch verschlechtert hatte. Als ich komme, öffnet mir seine Schwägerin mit verweinten Augen die Tür. Ihr Mann ist im Zimmer seines Bruders und Frau P. bittet mich in die Küche. Aufgelöst erzählt sie mir, dass der Hausarzt heute Morgen gesagt habe, dass ihr Schwager nur noch wenige Tage leben würde. Sie und ihr Mann sind erst gestern gekommen, da sie ca. 100 Kilometer entfernt wohnen. Sie sind sehr unsicher, ob sie ihre beiden Töchter noch holen sollen, damit sie sich von ihrem Onkel verabschieden können. Außerdem fühlt sie sich völlig überfordert, „was sie denn alles tun müssen, wenn der Schwager stirbt“. Wir überlegen mögliche Formen des Abschiedsnehmens für sie und die Kinder und besprechen, was an Formalitäten zu regeln ist.

Frau L., die an einer Tumorerkrankung mit Metastasen erkrankt ist, hat eine neue Schmerzeinstellung bekommen. Bei meinem Besuch ist sie relativ schmerzfrei und da sehr sonniges Wetter ist, äußert sie den Wunsch, einen kleinen Spaziergang zu machen. Ich helfe ihr, die Treppe zu bewältigen und gemeinsam gehen wir langsam eine kleine Runde. Auf unserem Weg kommen wir an einem kleinen Bäcker vorbei und Frau L. genießt es, sich die Auslage anzuschauen und sich dann ein Stück Kuchen selber kaufen zu können.

„Wir können manchmal keine Antworten geben, aber wir können die Fragen, die die Sterbenden stellen, mit ihnen aushalten.“ Ehrenamtliche Mitarbeiterin

„Durch meinen Dienst ist mir klar geworden, wie wohltuend mitmenschliche Nähe ist: einfach da sein, zuhören, Hände halten, Nähe geben und spüren, Dankbarkeit empfangen.“ Ehrenamtliche Mitarbeiterin

„Ach, hätte ich mich doch früher bei Ihnen gemeldet. Es tut gut, soviel Ansprache und Hilfe zu bekommen. Mein Mann und ich fühlen uns gut aufgehoben auf dem schweren Weg.“ Frau S., Ehefrau eines Betroffenen